Inne Kolonie

Fürst Leopold war Anfang des 20. Jahrhundert nach dem Bergwerk Baldur in Holsterhausen die zweite Zeche nördlich der Lippe. Mit den Zechen kamen die Kolonien ins Münsterland.

Gerhard Schute

Erinnerungsort Siedlung

Wohlgefühl des Wohnens

Die Engelbert in Oer-Erkenschwick. Eine Straße, wie sie wohl hundertfach und öfter im Ruhrgebiet zu finden ist. Nur noch wenig erinnert heute daran, dass diese Straße Anfang der 1920er Jahre quasi als Rückgrat der Kolonie Ewald-Fortsetzung gebaut wurde. Vier Wohnungen je Haus und meist nur zwei Zimmer je Wohnung. Je zwei Familien teilten sich das Klo ohne Wasserspülung neben der Kellertür – Vergangenheit längst und inzwischen mehrfach modernisiert mit allem, was in Baumärkten zu kaufen ist. Umgebaut, angebaut und ausgebaut, Carports neben dem Haus und – nein, das ist kein Scherz – mit Grauwacke angelegte japanische Vorgärten: Die bewohnte Dauerausstellung von Obi, Hornbach, Bauhaus, Hellweg & Co. ist eine gesichtslose Straße wie viele andere im Revier. Und doch ist sie so spannend wie wenig andere, weil ihre Geschichte jedenfalls teilweise dokumentiert ist.

Hans Dieter Baroth erzählt die Geschichte des Bergmanns – den Namen hätte man typischer für diese Kolonie nicht erfinden können – Anton Kolakowski, der 1927 jung verheiratet in die Engelbertstraße gezogen ist. Jahrzehnte hat Kolakowski dort gelebt, von 1952 bis 1957 war Dieter Schmidt einer seiner Nachbarn. Auf Ewald-Fortsetzung war Schlosser Kolakowski Ausbilder von Dieter Schmidt, der sich dann aber vom Pütt verabschiedet hat, Gewerkschaftssekretär wurde, Journalist und als Hans Dieter Baroth Schriftsteller und Dokumentarfilmer. Was Anton Kolakowski dem 36 Jahre jüngeren Baroth in den Block erzählte, ist das krasse Gegenteil von Nostalgie und weit weg von jedem Gefühl anschaulicher Gemütlichkeit, das oft Besucher befällt, die sich durch die sanierten ehemaligen Zechensiedlungen im Revier führen lassen.

Das Leben damals in der Engelbertstraße: „Keiner konnte vor dem anderen den Streit oder die Freude verheimlichen, alles bekamen die Nachbarn mit, (…) in dieser Straße sah jeder die Kinder größer werden und erlebte, wie sie (…) wegzogen. Auch die Einkommen waren vor den Mitbewohnern der Kolonie nicht zu verheimlichen: alle sogenannten Ernährer arbeiteten auf Fortsetzung, wer im Gedinge – der bergmännische Ausdruck für Akkord – schuftete, konnte mal etwas höhere Beiträge (…) mit nach Hause bringen. (…) Wer im Schichtlohn arbeitete (…) wie Anton Kolakowski, konnte mit seinem Lohn nicht prahlen, (…). Es war bekannt, wer eine harmonische Ehe führte, wer seine Frau schlug, welche Ehefrau ihren Mann beherrschte, ihn unter dem Pantoffel hielt.“[1] In der Wohnung, in der Anton Kolakowski 1927 seine Familie gründete, hat er auch seine Goldene Hochzeit gefeiert; ein Leben in der Kolonie, der die Familie Kolakowski keinen Stoff zum Tratsch lieferte.[2]

An sein Elternhaus hatte Anton Kolakowski weniger gute Erinnerungen. Es gab viel Streit zwischen den Eltern, erzählte er. Die sehr fromme Mutter und der „gottlose“ Vater, das habe eben nicht gepasst. Aber die Eltern blieben zusammen. 1896 war der Westpreuße – ein ethnischer Pole – auf eigene Faust zur Arbeitssuche an die Emscher gekommen, wurde Bergmann in Gelsenkirchen. 1900 folgte ihm die Ehefrau mit den beiden Söhnen, aber nach der Geburt von Anton und weiteren Kindern wurde es zu eng in der Arbeiterkaserne in Gelsenkirchen-Bulmke. Kolakowski wechselte 1907 zur gerade erst abgeteuften Zeche Ewald-Fortsetzung nach Erkenschwick, bezog eine Wohnung in einer gerade erst gebauten Kolonie, in der die Straßen noch keinen Asphalt und keinen Namen hatten. An den Umzug mit dem Pferdewagen konnte sich Anton Kolakowski auch Jahrzehnte später noch erinnern, der Sechsjährige sah im Umfeld der Bauernschaft Erkenschwick zum ersten Mal in seinem Leben einen Wald: „Da haben wir gelernt, Tollkirschen von Waldbeeren zu unterscheiden.“[3]

Bei allem Streit der Eltern – die Familie hatte neun Kinder, von denen drei früh starben. Aber als Anton Kolakowski die Schule verließ, wollte er raus aus den engen Wohnverhältnissen, arbeitete erst in einer Gärtnerei, um dann aber doch noch im gleichen Jahr auf Ewald-Fortsetzung auf der Hängebank am Leseband zu stehen. Lehrstellen gab es nicht in Erkenschwick, jedenfalls nicht für den schmächtigen Polenjungen, der nun wieder bei den Eltern wohnte, ab 1916 unter Tage eingesetzt wurde und an die letzten Kriegsjahre böse Erinnerungen hat. Ein Bruder fiel an der Westfront und „Wir haben gehungert, wirklich gehungert.“

Das Leben in der Siedlung war durch große Nähe gekennzeichnet, wie Anton Kolakowskis Erinnerungen belegen. Die Bewohner der Siedlungshäuser teilten Arbeitsplatz und häuslichen Alltag. Diese Enge wurde häufig noch verstärkt durch Schlafgänger, die zur Aufbesserung des Monatsbudgets von den Bergarbeiterfamilien aufgenommen wurden.[4] Anton Kolakowski hat das Leben in der Siedlung dennoch nicht als beklemmend in Erinnerung: „Das war für mich eigentlich die Heimat. Man kannte seinen Nachbarn übern Gartenzaun, wir hatten uns viel erzählt, und es gab auch viel zu erzählen. Eigentlich war es eine sehr schöne Zeit.“[5] Das Zusammenleben brachte es mit sich, dass die Menschen sich gegenseitig unterstützten und mit Rat und Tat bei den unterschiedlichsten Problemen halfen. „Eine ähnliche Lebenslage aller Nachbarn, vergleichbare Probleme mit Arbeit, Lohn, Miete, Garten usw. ließen eher Vertrautheit und Nähe entstehen als vornehme Zurückhaltung Raum greifen.“[6]

Die polnischen Elemente

Anton Kolakowski war Jugendlicher mit „Migrationshintergrund“, wie man heute sagt.  „Aber Menschen, die auf der Suche nach Arbeit kamen und dauerhaft blieben, die gibt es auch in Deutschland schon seit langem.“[7] Vor dem Ersten Weltkrieg lebten im Ruhrgebiet rund 350.000 Polen, weitere rund 150.000 Masuren nicht eingerechnet. Als Arbeiter waren sie willkommen, aber 1896 schrieb Heinrich Konrad von Studt, Oberpräsident der Provinz Westfalen, in einer Denkschrift: „Die Anhäufung großer Arbeitermassen slawischer Abkunft im rheinisch-westfälischen Industriegebiete birgt bedeutende Gefahren. Denn es handelt sich um Elemente, welche dem Deutschthume feindlich gegenüberstehen, sich auf einer niedrigen Stufe der Bildung und Gesittung befinden und zu Ausschreitungen geneigt sind.“ Die hier zum Ausdruck kommende Diskriminierung der Migranten war bei den eingesessenen „Pohlbürgern“ verbreitet und verstärkte das Gefühl der Zusammengehörigkeit bei den Siedlungsbewohnern zusätzlich.[8]

Ethnischer Pole war auch Leo Sadecki, der in der Kolonie Fürst Leopold in Hervest (damals selbständige Landgemeinde und heute Stadtteil von Dorsten) lebte und auf der gleichnamigen Zeche arbeitete. An sein Schicksal erinnert noch heute ein Straßenschild.

Leo Sadecki folgte 1911 mit Ehefrau und zwei Kindern den Werbern ins Ruhrgebiet, wurde Bergmann auf der Zeche General Blumenthal in Recklinghausen. Zwei Jahre später – Fürst Leopold nahm 1913 die wirtschaftliche Förderung auf – der Umzug nach Hervest in die Gustavstraße (heute Vinzenzstraße). 1915 wurde mit Sohn Leo das dritte Kind geboren – die Sadeckis, Migranten, die in Hervest eine neue Heimat fanden. Der polnische Verein, in dem Leo Sadecki Mitglied wurde, stand unter strenger Beobachtung, aber auf das Alltagsleben in der Siedlung hatte das keine große Auswirkung.

Ziegendienst – in der Kolonie Fürst Leopold war es üblich, dass die Männer abwechselnd die Ziegen aus der Siedlung über die Scharnhorststraße zum Grasen in die Lippeaue trieben. So auch am 10. August 1923 – also zur Zeit der Ruhrbesetzung. Belgische Soldaten hatten darüber zu wachen, dass entsprechend dem Versailler Vertrag ein Großteil der Leopold-Kohle abgeliefert wurde.

Was genau passiert ist an diesem 10. August 1923, blieb bis heute ungeklärt. Auch die belgische Militärpolizei in Sterkrade konnte oder wollte nicht zu einem Ergebnis kommen. Also machte man sich einen eigenen Reim. In der Kolonie, im Dorf Hervest und auch noch in  Dorsten, aber viel größere Kreise hat der Tod des Leo Sadecki nicht gezogen, denn Zusammenstöße zwischen den Ruhrbesetzern und der Zivilbevölkerung waren so selten nicht.

Die Soldaten hatten es sich am südlichen Lippeufer, also auf Dorstener Seite bequem gemacht, Leo Sadecki war mit seinen Ziegen auf der nördlichen Seite unterwegs. Ein Akt der Notwehr war es mit Sicherheit nicht, der Leo Sadecki das Leben kostete. Hat er tatsächlich die Belgier mit dem nackten Hintern – „Ihr könnt mich mal…“ – so provoziert, dass einer von ihnen mit dem Gewehr die tödliche Antwort gab? Ungeklärt, aber die Geschichte vom Wutschuss gegen den nackten Hintern wurde mit einer Pause von zwölf Jahren bis heute wie ein Tatsachenbericht vererbt.

Kaum vorstellbar, dass man sich heute noch diese Geschichte erzählen würde, gar nicht vorstellbar, dass man mit einem Straßenschild an Leo Sadecki erinnern würde – wo in der Welt würde man denn auch eine Straße nach einem Mann benennen, weil er anderen die blanke Kehrseite gezeigt hat? Es brauchte die Nationalsozialisten für die andere eben von 1933 bis 1945 erzählte Geschichte. Durch sie bekam Leo Sadecki eine neue Bedeutung. Gleich im ersten Jahr des zwölfjährigen Reiches ernannten sie Leo Sadecki zum Helden, bauten ihm ein Ehrenmal auf dem Lippedeich und verdrängten für Kumpel Sadecki General Scharnhorst vom Straßenschild. Auf der Tafel am Ehrenmal war zu lesen: „Hier fiel Leo Sadecki am 10. August 1923 meuchlings durch Belgier Hand für‘s Vaterland“.  Witwe Josepha und die Kinder mussten zur braunen Feierstunde am Ehrenmal posieren.

Und das war die von den Nationalsozialisten erzählte Sadecki-Geschichte: [9]„Nichtsahnend geht er (Leo Sadecki) durch das Gras, und plötzlich fallen mehrere Schüsse. Ohne einen Laut von sich zu geben, sinkt Leo Sadecki, durch einen Kopfschuss getroffen, tot zu Boden. … Aber in einem gewaltigen Leichenzug zeigte die Gemeinde am 15. August ihren durch nichts zu erschütternden Abwehrwillen. Die gesamte Belegschaft von Fürst Leopold und Baldur und die ganze Gemeinde sammelte sich zu einem stattlichen Leichenzug von 5.000 Menschen, um den stillen Helden, das Opfer des Ruhrkampfes zur letzten Ruhe zu betten. … Heute sind wir wieder frei. Ein frischer Zug geht durch die deutschen Lande. Unter dem Sturmbanner des Hakenkreuzes und der ruhmreichen Reichsflagge wird Hervest seinem Ruhrkämpfer einen Tag des Gedenkens weihen.“

Die Sadeckistraße blieb auch nach dem Krieg Sadeckistraße. Ihr Namensgeber hatte sich ja nichts zu Schulden kommen lassen und es gab in Dorsten genug zu tun, neue Straßenschilder aufzuhängen. Gleich dreimal gab es in der Altstadt sowie in den 1943 eingemeindeten Gemeinden Hervest und Holsterhausen jeweils mitten in einer Kolonie einen Adolf-Hitler-Platz und es gab am Rande der Leopold-Siedlung den Von-Scheven-Platz. Für den fand sich aber erst 1985 ein neuer Name: Glück-Auf-Platz. Dorsten wollte so nach über 50 Jahren den Legenden um Emil von Scheven ein Ende machen. Denn auch die Platzbenennung nach ihm war besonders. Gastwirt war der Mann am Rande der Kolonie und aktives Mitglied der NSDAP. Bei einer Feier zu „Führers Geburtstag“ fiel er am 20. April 1933 betrunken vom LKW und wurde tödlich verletzt. Die Platzbenennung sollte den „im Kampf mit den Bolschewisten gefallenen Helden“ dauerhaft ehren.

Das Glück der späten Zechengründung

Erst Anfang des 20. Jahrhunderts wurden nördlich der Lippe die ersten Schächte abgeteuft, nämlich in Holsterhausen und Hervest. Für die Zechen Baldur in Holsterhausen und Fürst Leopold in Hervest wurden zeitgleich mit den Schächten die Planungen und Bauarbeiten für Zechensiedlungen in Angriff genommen. Kasernenartige Wohnblocks mit zum Teil auch schon nach damaligem Wohnstandard unzumutbaren Verhältnissen blieben den Belegschaften dieser späten Zechen erspart. Die Architekten ihrer Siedlungen hatten andere Vorgaben.

Die Siedlung muss „etwas Besonderes sein“ hieß es in der Ausschreibung der Zechengewerkschaft Consolidation für die Kolonie Fürst Leopold, nachdem der Gemeinderat von Hervest den für die Zeche unverzichtbaren Bau der Siedlung genehmigt hatte. Der dann in den Jahren 1912 bis 1920 realisierte Entwurf des Architekten Hans Werner Eggeling orientierte sich an den Siedlungen im Stil einer Gartenstadt, für neue Siedlungen zunehmend Standard im Ruhrgebiet seit etwa 1880. Das bedeutete für die Kolonie Fürst Leopold: Zu jeder der knapp 850 Wohnungen gehörte ein 250 bis 400 qm großer Garten, zudem gab es noch die Möglichkeit, von den Hervester Bauern Grabeland zu pachten.

 

Kolonie Fürst Leopold / Luftbild: Hans Blossey

Pläne für Kirchen, Schulen und Kindergärten gehörten nicht zu den Aufgaben von Eggeling, das war entsprechend der in der Kaiserzeit noch praktizierten Trennung von öffentlichen und privaten Aufgaben Sache der Gemeinde, die sich ebenso wie die Kirchen das aber wiederum von der Zeche bezahlen ließ. Nach § 17 Ansiedlungsgesetz waren je Wohnung 125 Mark an die Gemeinde sowie je 90 Mark an die katholische und evangelische Gemeinde zu zahlen.[10]

Wer sollte in dieser Siedlung wohnen? Für Bauspekulanten war das Ruhrgebiet wegen der geringen Löhne und der deshalb auch niedrigen Mieten uninteressant und im Rheinland sowie in Westfalen waren die Werber zuvor schon so erfolgreich gewesen, dass sich die Suche nach Arbeitskräften im letzten Drittel des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts auf entferntere Regionen ausdehnte, besonders im Blick der Zechengesellschaften war Masuren.

Dort warben die Agenten so: „Masuren! In rein ländlicher Gegend, umgeben von Feldern, Wiesen und Wäldern, den Vorbedingungen guter Luft, liegt, ganz wie ein masurisches Dorf, abseits vom Getriebe des westfälischen Industriegebietes, eine reizende ganz neu erbaute Kolonie. Es kommt der Zeche hauptsächlich darauf an, brave, ordentliche Familien in diese Kolonie hineinzubekommen. Ja, wenn es möglich ist, soll diese Kolonie nur mit masurischen Familien besetzt werden. So bleiben die Masuren ganz unter sich und haben mit Polen, Ostpreußen usw. nichts zu tun. Jeder kann denken, dass er in seiner masurischen Heimat wäre.“[12]

Der für die Zeche Victor bei Rauxel in den masurischen Gasthäusern ausgehängte Aufruf war überaus erfolgreich und hallte lange nach. Über 30 Prozent der Erstbewohner der Kolonie Fürst Leopold waren Masuren. Als Arbeiter für die Zeche waren sie willkommen in Hervest, aber mehr auch nicht.[13] Die alteingesessene Bevölkerung grenzte sich bewusst ab, da sich die Koloniebevölkerung durch Sprache, Sitte, Beruf und Herkunft von ihnen unterschied. Eine Untersuchung über den Strukturwandel in einer Zechengemeinde – Strukturwandel meint hier den Wandel von der Landgemeinde zur Industriestadt – trifft auch für Hervest zu. Danach ist nicht die bauliche Trennung Hauptgrund mangelnder Integration, sondern vielmehr nachstehend aufgeführte Kriterien:

Einheimischer                                               Zugewanderter „Kolonist“

Bauer, Handwerker, Kaufmann                     Bergmann
Grund- und Hausbesitzer                               Mieter
katholisch                                                          evangelisch
Westfale                                                             eingewandert
Zentrumswähler                                               wählt sozialistisch

Nicht nur die Arbeiter, sondern die Familien anzuwerben, wurde in der Öffentlichkeit gerne als Zeichen industrieller Sozialpolitik deklariert, tatsächlich aber ging es den Zechen und Stahlwerken darum, die Arbeiter langfristig zu binden und sich eine Stammbelegschaft zu sichern. Eingearbeitete Fachkräfte erbrachten eine höhere Leistung, also größere Produktivität und damit Gewinne. Zudem war die unmittelbar an der Zeche wohnende Belegschaft bei Bedarf jederzeit verfügbar. Eine Kolonie, in der das Leben nur auf die Zeche fixiert war, brachte auch den Langzeiteffekt, die Söhne und andere Verwandte für den Beruf des Bergmanns zu gewinnen. Ein Erfolgsrezept.

Über 100 Jahre nach dem Bezug der ersten Häuser in der Kolonie Fürst Leopold – die Landgemeinde von damals mit rd. 1.000 ist heute Stadtteil mit knapp 13.000 Einwohnern – gibt es noch immer eine virtuelle Grenze zwischen dem Dorf rund um die alte Pauluskirche und der Siedlung. Wer im ehemaligen Niemandsland zwischen Dorf und Kolonie sein Eigenheim stehen hat, ist natürlich „Dörfler“, auch wenn das Haus deutlich näher am zentralen Brunnenplatz der Siedlung als an der Dorfkirche liegt.

In aller Regel machten sich erst die angeworbenen Männer auf den Weg ins Ruhrgebiet, Ehefrauen, Kinder und Haustiere – auch ihr Umzug wurde bezahlt – folgten dann später nach. Durchaus mit sehr gemischten Gefühlen. So schrieb am 11. März 1869 die jung verheiratete Franziska Powilke aus einem Dorf in Westpreußen in ihr Tagebuch: „Es ist mir eine Beruhigung, dass unsere Ziege Klärchen und die vier Legehühner jetzt mit in das ferne Gelsenkirchen fahren, wo mein Robert schon seine Arbeit auf der Kohlenzeche zugesprochen bekommen hat. Ich weiß ja nicht, was uns in dem Kohlengebiet erwartet, von dem man manches Gute hört vom Geldverdienen, aber auch manches, was einem Angst macht. Und ich werde ja auch ganze Tage alleine sein, wenn Robert zur Zeche muss. Auf den Feldern vom Baron haben wir meistens zusammen gearbeitet. Aber Frauen nehmen sie auf der Kohlenzeche ja nicht an. Da habe ich wenigstens Klärchen und die Hühner und ein bisschen Zuhause.“[14]

In den Erinnerungen der Siedlungsbewohner im gesamten Ruhrgebiet an gegenseitige Nachbarschaftshilfe spielt die gemeinsame Nutzung von Werkzeug und Gartengeräten eine große Rolle[15]. Man unterstützte sich auch gegenseitig beim Handwerken im Haus oder auf dem Hof, bei der Gartenarbeit und der Tierhaltung. Als besondere Höhepunkte erinnern sich viele Siedlungsbewohner an das Schlachten. Als Schlächter fungierte ein Bergmann, der dies für alle Nachbarn machte. Vom Ergebnis profitierte die gesamte Nachbarschaft. „Die Nachbarschaft holte sich immer ihren Teil. Das gab’s nicht anders. Und wenn die schlachteten, dann gingen wir rüber.“[16] Lebensmittel wurden gegenseitig ausgeliehen. „Man hat sich immer viel ausgeliehen, je nachdem was gerade fehlte: Mehl, Zucker, Butter, Brot. Das wurde aber alles prompt wieder zurückgegeben, sonst hätte man nichts mehr gekriegt“, erinnert sich Stefan Lichtrauter aus der Siedlung Eisenheim.[17] Das Leben in den Zechensiedlungen bis in die 1950er Jahre wird in den Erinnerungen verklärt. „Beim Thema Nachbarschaft und Geselligkeit in der Bergarbeiterkolonie … geraten die meisten Gesprächspartner geradezu ins Schwärmen.“[18

Natürlich hatte auch Wilhelm Herbert Koch, zu Beginn seines wechselvollen Berufslebens Bergmann und später als Sportchef bei der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) geistiger Vater des im Ruhrgebiet legendären „Kumpel Anton“, der samstags in der WAZ mit Freund Cervinski Alltags- und Lebensweisheiten austauschte, den Garten zum Thema:

„Sicher“, sarich, „kannze Spass dran ham,
aber isja auch fadammt fiel Arbeit.
Da musse umgraam, da musse Mist fahn,
und da musse Kattoffel legen,
unta musse hacken, un an die Bohn sint Läuse.
Un dann datt fadammte Unkraut.
Fadammt fiel Arbeit.
Kommsse fon Schicht, musse widder malochen.
Macht fiel Abeit son Gaaten.“

Für die „fiele Abeit“ hatte Cervinski eine pragmatische Lösung:

„Datt machse ganz fakeert,
da kannze ja auch kein Spass an dein Gaaten ham
mitti fiele Abeit.
Anton, du daafstich nich mehr Lant nehm
als deine Olle umgraam kann, Anton.
Dann hasse Spass an Dein Gaaten.“[18]

Wilhelm Herbert Koch, Kumpel Anton sein Schönstes, Düsseldorf 2006, 56f.

Gartenarbeit war vor allen Dingen Frauenarbeit / Foto: Bundesarchiv

Die Frauen waren, dies unterstreicht die satirische Glosse von Koch in Übereinstimmung mit den Erinnerungen der Siedlungsbewohner, für den Garten zuständig und darüber hinaus für alle anderen Bereiche des täglichen Lebens in der Siedlung: „Die Besorgung des Haushalts, die Erziehung der Kinder, der Umgang mit Schlafgängern, die Kontakte zu Nachbarn, diese und andere Bestandteile des alltäglichen Lebens wurden in erster Linie über die Frauen vermittelt und sie haben deren Stellung innerhalb der Familie bzw. nach außen bestimmt.“[19]

Der Beginn vom Ende der Koloniezeit

Das „Dorf“ Fürst Leopold hatte alles, was zum Leben der rd. 5.000 Einwohner erforderlich war. Einen zentralen Platz mit Geschäften, einen Metzger und einen Bäcker, Kirchen und Schulen für beide christliche Konfessionen am östlichen bzw. westlichen Rand der Siedlung, eine Arrestzelle schließlich – den Polizeibeamten musste die Zechengesellschaft bezahlen. Bis in die 1960er Jahre funktionierte das dörfliche Leben alles in allem problemlos. Den Zweiten Weltkrieg hatte die Kolonie mit vergleichsweise geringen und anschließend originalgetreu restaurierten Schäden überstanden, aber dann führten wie andernorts auch in den Siedlungen ausgerechnet die Folgen des Wirtschaftswunders zu großen Umwälzungen.

Mit vielen Überschichten in den für den Bergbau besten 1950er Jahren sowie auch allgemein gestiegenen Löhnen konnten sich die Bergarbeiterfamilien viele zeitgemäße Wünsche erfüllen – mehr Mobilität stand neben Kühlschrank und später Waschmaschine ganz oben auf dem Wunschzettel. Und plötzlich war es gar nicht mehr nötig, mühsam Gemüse im Koloniegarten zu ziehen, da gab es ja die neuen Supermärkte auf der „grünen Wiese“ – preiswerte Konserven und dann auch Tiefkühlkost, Fleisch in wachsender Auswahl. Warum noch den Garten bestellen und ein Schwein halten? Der Garten, bis dahin ganz wichtiger Fixpunkt im Leben der Bergarbeiterfamilie, wurde mehr und mehr zur Nebensache. Grabeland wurde nicht mehr bestellt und verwilderte, nicht viel besser sah es in den meisten so genannten Hinterliegergärten entlang der Zechenbahntrasse quer durch die Siedlung aus.

Die Aufgabe der Gärten steht in den Erinnerungen der Koloniebewohner des Ruhrgebiets in Verbindung mit dem Zerfall der Gemeinsamkeit in der Siedlung; sie führen dies auf verschiedene Umstände zurück. Anton Kolakowski vermisst die alten Nachbarn. „Es wohnen Türken in den Häusern, ich sehe kaum noch Gesichter von früher, da ist alles fremd.“[20] Viele Erinnerungen machen das aufkommende Fernsehen für das Ende der Gemeinsamkeiten verantwortlich. „Mit dieser Geselligkeit hörte es langsam auf, als das Fernsehen aufkam.“[21] In den Erinnerungen wird der Auflösungsprozess der Siedlungsgemeinschaft auch mit der beginnenden Bergbaukrise Ende der 1950er Jahre in Verbindung gebracht, denn für die Familien war es alles andere als selbstverständlich, dass die Söhne wie bisher nach der Schule im Bergbau anfingen. „Viele wollten ihren Söhnen den harten Pütt ersparen und legten sich krumm, mit dem Ziel, möglichst bald aus der Kolonie herauszukommen.“[22] Hans Dieter Baroth bestätigt dies mit seinen Erinnerungen an die Nachkriegszeit: „Kumpel mochte man nach Möglichkeit nicht sein oder werden müssen.“[23]

Dieses „Ende der Koloniezeit“, so der Historiker Werner Plumpe, ging einher mit der Bergbaukrise einerseits und einem tiefgreifenden sozialen Wandel. Der Zusammenhalt in den Siedlungen gründete ja wesentlich auf dem geringen Einkommen, das lediglich zur Lebensführung reichte. Die Ernährung der Familien wäre oft ohne Gartennutzung, Tierhaltung und die unentbehrliche Nachbarschaftshilfe nicht denkbar gewesen. Der soziale Wandel war eine wirtschaftliche Aufwärtsentwicklung, verbunden mit einem „bedeutenden Zugewinn an Zeit- und Konsumentensouveränität. (…) Sicher ist, dass traditionelle Milieus durch wachsende soziale Mobilität in Frage gestellt wurden.“[24] Die steigenden Einkommen und die strukturellen Änderungen in der Arbeitswelt vergrößerten die Chancen einer autonomeren Lebensgestaltung, was in den Erinnerungen der Siedlungsbewohner nicht zuletzt der Rückzug in die Privatheit mit der Anschaffung eines Fernsehgerätes symbolisiert.

Ein weiteres Problem in der Kolonie Fürst Leopold wie vielerorts: Die engen Verhältnisse in den Geschäften am zentralen Platz passten nicht mehr zu den modernen Anforderungen des Einzelhandels, der umzog in Neubauten am Rande der Siedlung – das Zentrum verwaiste. Auch die Mieter hatten höhere Ansprüche. Die ziemlich einheitlichen Wohnungsgrößen führten zwangsläufig bei fortschreitendem Alter der Bewohner zu Missverhältnissen zwischen Anzahl der Bewohner und Wohnfläche. Entweder blockierten alte Menschen große Wohnungen, die für Kinderreiche gedacht waren, oder die alten Leute mussten aus vertrauter Nachbarschaft wegziehen. Der Kumpel verdiente genug, um sich eine größere Wohnung außerhalb der Siedlung oder sogar ein kleines Eigenheim leisten zu können – die frei werdenden Wohnungen wurden gerne von „Gastarbeitern“ bezogen, wie auch die Erinnerung von Anton Kolakowski bestätigt. Dieser Trend verstärkte sich in den 1960er Jahren – die Kolonie Fürst Leopold war inzwischen wie die Zeche im Eigentum der Hoesch AG – mit der in der Gründung der Ruhrkohle (1968) gipfelnder Kohlekrise. Die Hoesch AG – und wie sie auch die Besitzer vieler anderer Siedlungen im Ruhrgebiet – hatte viel zu wenig für die Instandhaltung der Siedlung getan, der Anblick wurde zunehmend unerfreulich und Ende der 1960er Jahre gab es auch in Dorsten Überlegungen, die Siedlung durch moderne Hochhäuser zu ersetzen.[25]

Die Sanierung der Siedlung Fürst Leopold

Dazu kam es nicht, weil sich – glücklicher Zufall – mit dem Architekten Prof. Manfred Ludes ein Dorstener an schöne Jahre im Schatten der Zeche erinnerte. Vater Nikolaus war leitender Angestellter auf Fürst Leopold, Sohn Manfred nutzte seine Lehrtätigkeit an der Fachhochschule Bochum zu Untersuchungen über die Bausubstanz der Siedlung. Diese waren 1973 (mit dem gewünschten Ergebnis) abgeschlossen und führten zur Bildung eines Sanierungsbeirats, der sich unter Vorsitz des städtischen Baudezernats mit Beteiligung von gewählten Blocksprechern aus der Siedlung, des Betriebsrates von Fürst Leopold, Vertretern der Ratsfraktionen, der Hoesch Wohnungsbaugesellschaft und Manfred Ludes an die Arbeit machte. Prominenter Fürsprecher für eine Sanierung der Siedlung war auch der spätere Berliner Bausenator Georg Wittwer, der 1974 zu Protokoll gab: „Die Bergarbeiter-Siedlung in Hervest-Dorsten ist eine der schönsten Siedlungen im Revier. Sie verdient unsere besondere Beachtung und Überlegungen, in welcher Weise sie als unverwechselbares Stadtgebiet der Stadt Dorsten und der Region geschützt und erhalten werden kann.“[26]

Ein wichtiger Teil der Beiratsarbeit: Umfragen und Einzelgespräche mit den Mietern in der Siedlung, um ihre Wohn- und Lebensbedürfnisse in ein Sanierungskonzept einfließen zu lassen. Ein Teilergebnis: Tatsächlich tendierte das Interesse der Mieter an Nutzgärten gegen Null. Die dann in dem 1974 an Manfred Ludes beauftragten Konzept für die Sanierung dokumentierte Konsequenz: An fünf Stellen der Siedlung sollte auf ehemaliger Gartenfläche eine Nachverdichtung stattfinden.

Nach einer ersten Pilotmaßnahme Mitte der 1970er Jahre dauerte es bis 1984, dann begannen die Sanierungsarbeiten im großen Stil: Nachverdichtung mit 30 Wohnungseinheiten nur an einer Stelle, Garagenhöfe und Spielplätze, wo früher Gärten waren, fünf Blockheizwerke statt des Hausbrandes, gründliche Modernisierung auch in den Häusern mit Badezimmern in den ehemaligen Anbauten für Ställe, neue Türen und Fenster – aus Holz. Damit das Gesamtprojekt aus Mitteln des Städtebaus gefördert werden konnte, beugte sich die Stadt Dorsten dem „sanften“ Druck des Landes und erließ zunächst 1986 eine Gestaltungs-[27] und dann 1987 eine Denkmalsatzung[28]. 1988 verkündete NRW-Ministerpräsident Johannes Rau auf dem Brunnenplatz – tatsächlich gab es hier jetzt zum ersten Mal einen vom Bildhauer Reinhold Schröder gestalteten Brunnen – das vorläufige Ende der Bauarbeiten, die sich dann aber noch bis spät in die 1990er Jahre hinzogen und in den Jahren 2010-2015 mit verschiedenen Maßnahmen (Spielstraße, Radwege, Grünflächen) aus dem Programm Soziale Stadt Hervest ergänzt wurden.

Das Ergebnis der Sanierung konnte sich sehen lassen. Die Kolonie hat „die Vielfalt einer Gartenstadt, die das Prädikat ‚schönste wiederhergestellte Siedlung im Ruhrgebiet nach der Essener Margarethenhöhe‘ wahrlich verdient.“[29] Und auch die jüngste Untersuchung bescheinigt der Kolonie Fürst Leopold „eine hohe Wohnzufriedenheit und gute Vermietbarkeit“.[30] Für die Vermietung ist inzwischen Vivawest Wohnen zuständig, 2008 hatte Evonik die Siedlung von der Hoesch Wohnungsbau übernommen.

Alles bestens in der Kolonie Fürst Leopold? Sicher nicht, aber vieles ist gut und es gibt an vielen Stellen und von vielen Initiativen auch unübersehbare Projekte, die dazu beitragen sollen, dass die Siedlung – die Bindung an einen Arbeitsplatz im Bergbau ist Vergangenheit – nicht eine beliebig nette ehemalige Bergarbeitersiedlung wird, sondern dass der Charakter der alten Siedlung mindestens nachvollziehbar bleibt.

Ein Beispiel dafür ist der beim NRW-Engagementpreis ausgezeichnete Interkulturelle Siedlungsgarten, den der Verein für Bergbau-, Industrie- und Sozialgeschichte Dorsten e.V. mit Unterstützung von Vivawest Wohnen mitten in der Kolonie angelegt hat. Siedlungsmieter aus aller Herren Länder betreiben hier gemeinsam einen „Garten ohne Steckdose“, um bei Führungen durch die Siedlung den Aspekt „Selbstversorgung in der Kolonie“ bis hin zur Kostprobe nachvollziehbar zu machen. Inzwischen gibt es eine Warteliste bei den Gärtnern.[31]

 

Das Grundstück

 

 

 Der Plan

   Der Garten / Fotos: Archiv Bergbauverein

Die schon erwähnte Untersuchung „Interkommunales Handlungskonzept“ kommt insgesamt zu einem sehr positiven Urteil über den Ist-Zustand der Kolonie Fürst Leopold. Einen so starken industrie- und siedlungskulturellen Zusammenhang gebe es nur an wenigen Orten im Ruhrgebiet. Die Potentiale der Siedlung seien groß, aber „sie wurden noch nicht vollständig genutzt“. Unter anderem mahnt die Studie in diesem Zusammenhang die Beachtung von Gestaltungs- und Denkmalschutzsatzung an, notwendige Instandsetzungsarbeiten und fordert zu einem energetischen Optimierungskonzept auf.[i]

Die Rettung der Siedlungen als soziale Architektur

Ein Teil der Sanierung der Kolonie Fürst Leopold war auch der Versuch, mindestens einen Großteil der Siedlung zu privatisieren. Mit mäßigem Erfolg und das auch noch mit nicht immer schönen Folgen. Nicht einmal ein Drittel des Bestandes konnte tatsächlich privatisiert werden. Auch deshalb, weil in dem Sanierungskonzept von Ludes eine energetische Sanierung nicht vorgesehen war. Noch heute sind diese privaten Häuser oft leicht zu erkennen, nämlich an Haustüren und Fenstern aus Kunststoff, an Dachfenstern und Anbauten auf der Gartenseite – alles im Widerspruch zur Denkmalsatzung, die es dann eben doch an den ganz konkreten Festsetzungen oft fehlen lässt und viel Raum für Interpretation gibt, der teilweise mehr als abträglich fürs Denkmal missbraucht wird. Erst jetzt ist das Thema Denkmalschutz in der Siedlung aktuell per Nachbarschaftsstreit in Form einer Grillfahne von einer illegal überdachten Terrasse in die Amtsstuben geweht. Man tut sich schwer mit dem Problem.[32]

Die Antwort der NRW-Regierung auf die Kohlekrise der 1960er Jahre war ein NRW-Programm 1975. Als Reaktion auf Zechenschließungen und -fusionen, also auf größere Entfernungen zwischen Wohnung und Zeche sollte ein Stadtbahn-System entstehen mit „Massierungen von Wohnbebauung“ [34] an den Haltepunkten – Hochhäuser. Von den 2.000 Siedlungen im Ruhrgebiet wurden bis 1972 rund 1.000 abgerissen. Erst ohne Widerstand, dann kamen Betroffene wie die Mieterin Traudl Tomshöfer (Oberhausen-Eisenheim) im Fernsehen zu Wort: „Wir werden wie Hasen verjagt und wie Kaninchen in Ställen übereinander gepfercht.“ 1972 bildete sich in Eisenheim die erste Bürgerinitiative zur Rettung der Siedlung. 1836 hatte Wilhelm Lueg, Direktor der Hüttengewerkschaft und Handlung Jacobi, Haniel & Hyssen (seit 1873 Gute-Hoffnungshütte) den Bau einer Siedlung mit attraktiven Wohnungen in der Nähe des Dorfes Osterfeld (heute Oberhausen) beschlossen[35] – die erste homogene Arbeitersiedlung im Ruhrgebiet. Es dauerte noch mit dem Baubeginn der 32 Morgen großen Anlage bis 1846, die dann in vier Bauphasen bis 1903 abgeschlossen wurde. Eine Siedlung, zunächst für Hüttenarbeiter, in den letzten Bauabschnitten auch für Bergleute.

Der Protest in Eisenheim fand viele Nachfolger. In rund 50 Siedlungen gründeten sich vergleichbare Initiativen. Der Widerstand bezog seine Energie aus dem „Wohlgefühl des Wohnens“[36] in den Siedlungen, das in den Erinnerungen der Siedlungsbewohner an den engen Zusammenhalt sowie an die soziale Architektur der Häuser, Hinterhöfe und Gärten einhellig zum Ausdruck kommt. Der massenhafte Protest der Bewohner bekam Unterstützung durch Akademiker und Intellektuelle. Sozialwissenschaftler und Stadtplaner wiesen für die Arbeitersiedlungen nach, „dass ihre Wohnbereiche erheblich höhere stadtplanerische, bautechnische, ästhetische und vor allem sozial-kulturelle Qualitäten besaßen als gängige Bauformen.“[37] Ein gigantisches Konfliktfeld entstand: Bewohner in der unkonventionellen Organisation von Bürgerinitiativen in Verbindung mit Wissenschaftlern auf der einen, Konzerne, ihre Wohnungsgesellschaften, hilfreiche Stadtverwaltungen, Parteien, auch Gewerkschaften und die Landesregierung auf der anderen Seite. Aber die Initiativen hatten die Öffentlichkeit auf ihrer Seite. Der Politik blieb keine Alternative, sie beugte sich auch schon unter Ministerpräsident Heinz Kühn (bis 1978) dem befürchteten Wahlprotest von 500.000 Mietern in rd. 1.000 Siedlungen. Eisenheim wurde unter Denkmalschutz gestellt.

Unter dem Druck der Initiativen richtete Johannes Rau 1980 nach seiner ersten Wahl zum NRW-Ministerpräsidenten quasi als Zeichen guten Willens ein Städtebauministerium ein. Ein Glücksfall für das Thema Siedlungskultur war die personelle Besetzung mit Christoph Zöpel, der als Abteilungschef Städtebau Karl Ganser berief. Rau und Zöpel wurden nie Freunde, aber Zöpel befriedete den Konflikt mit den Initiativen in den Siedlungen, deren Mieter vor allen Dingen zur Wahlklientel der SPD gehörten. Die erste Maßnahme: Per Kabinettsbeschluss wurde die Flächensanierung endgültig gestoppt. Die Reaktion der Konzerne: Wenn wir nicht abreißen dürfen, dann wird eben privatisiert.

Hart ging Roland Günter, der „Retter von Eisenheim“, mit der Privatisierung ins Gericht. Er beschrieb die Situation nach dem gestoppten Flächenabriss: „Machtlos sind die Bürgerinitiativen dagegen, dass die spekulierenden Wohnungsunternehmen nun ihre Strategie wechseln: Statt Abriss ziehen sie nun Gewinne aus dem Verkauf von Häusern. Diese Privatisierung läuft wie eine Pest durch die Region. Um 1990 kämpft nur noch ein Häufchen von Aufrechten einen aussichtslosen Kampf. Am Ende der 1990er Jahre erhält die Privatisierung eine neue Dimension. Ganze Stadtviertel und am Ende ganze Firmenvermögen im Wohnungsbau werden verhökert (z.B. von Thyssen und Krupp an ausländische Kapitalgesellschaften wie Immeo und Annington). Diese Heuschrecken haben nicht einmal mehr ein minimales Interesse an der Region, auch keine sozialen, städtebaulichen oder baukulturellen Aspekte. Städtische Gesellschaften, die ebenfalls diese Siedlungen übernehmen könnten, verhalten sich passiv und nicht weniger verantwortungslos. Keine einzige übernimmt eine Siedlung.“[38]

Privatisierung am Beispiel Teutoburgia: Von der Zeche Teutoburgia, Namensgeberin dieser Siedlung in Herne, ist bis auf ein Maschinenhaus und das Fördergerüst über dem ehemaligen Schacht 1 nichts mehr erhalten, nach nur 14 Jahren Förderung stellte die Zeche bereits 1925 den Betrieb wieder ein. Aber die für die Belegschaft vom Architekten Berndt geplante und gebaute Siedlung steht noch – „als eine der schönsten Gartenstadt-Siedlungen im Ruhrgebiet und als historisches Denkmal in mannigfacher Form“.[39] 459 Wohnungen in 136 Gebäuden, jede Wohnung mit eigenem Hauseingang und eigenem Garten, aufwändige Dachformen mit verschiedenen Gauben und Erkern, mal verputzt die Häuser und mit mal mit freigestelltem Fachwerk, kein Gebäude scheint dem anderen zu gleichen und gebaut wurde auf einer Fläche von über 21 Hektar: Teutoburgia, das grüne Dorf.

Glück für die Siedlung, dass sie den Zweiten Weltkrieg trotz des Bombenhagels über dem Ruhrgebiet überstand; schlecht, dass sich in den 1960er Jahren nach der Erneuerung von Straßen, Kanalisation und Beleuchtung die Siedler daran machten, „ihre“ Häuser individuell zu sanieren oder zu erweitern. So verständlich der Wunsch nach Badezimmer und moderner Küche im Einzelfall war, das Bild einer geschlossenen Siedlung geriet in Gefahr. Ab 1980 nahm die Eigentümerin Veba Wohnen AG die Sanierung in die Hand. Bestandsaufnahme und Mieterbefragung – bei Beginn der Baumaßnahmen ab 1988 hatten die Mieter in vertraglich zugesichertes Dauerwohnrecht, mussten dafür aber eine jedenfalls im Ansatz denkmalgerechte Sanierung ihrer Häuser akzeptieren.

Die Siedlung Teutoburgia in Herne. / Luftbild: Hans Blossey

1989 eine entscheidende Zäsur: Die laufende Baumaßnahme wurde zum IBA-Projekt. Sanierung bedeutete ab jetzt auch strengerer Denkmalschutz mit dem Rückbau der Häuser in ihren ursprünglichen Außenzustand, mit der Beseitigung von Hecken und Zäunen in den Vorgärten, die nach dem ursprünglichen Gartenstadt-Konzept rekultiviert wurden. 1998 waren alle Maßnahmen abgeschlossen und die Veba Wohnen freute sich über den „Bauherrenpreis“ für die gelungene Sanierung.

2005 die nächste Zäsur: Die Deutsche Annington – inzwischen Vonovia SE und Deutschlands größer Wohnungsbesitzer und Vermieter – begann als Rechtsnachfolgerin von Veba Wohnen damit, Teutoburgia zu privatisieren. Wohl erfolgreich, denn schon zwei Jahre später ist zu lesen, dass sich die Siedlung als Villenviertel etabliert habe.[40]

Dass auf dem ehemaligen Zechengelände unter der Regie eines Fördervereins ein Kunstwald entstanden ist, der sich unter Einbeziehung der Natur spannend mit der Geschichte des Ortes auseinandersetzt, bringt viele Besucher staunend zu der Frage: Wie, hier haben wirklich Bergleute gewohnt? Und mit Roland Günter möchte man antworten: Ja, aber das war vor der Pest (der Privatisierung).

Weniger spektakulär ging es andernorts zu, beispielsweise in einer der Ewald-Kolonien in Herten, einst größte Bergbaustadt Europas. „Der Berggeist erstrahlt jetzt ganz in Weiß. Vor kurzem hat Michael Jahn die Fassade seiner Kneipe neu streichen lassen. Auch edleres Bier schenkt der Wirt nun aus. Dennoch ist es meist leer. Heute, sagt Jahn, kommen fast nur noch Rentner.“ 1997 war das, also fünf Jahre vor der Schließung der letzten Zeche in Herten. Nach 2002 würden, so hatte es die Stadtverwaltung ausgerechnet, 7.500 der jetzt noch rund 8.800 Kohlearbeitsplätze verschwunden sein. Pfarrer Robert Schultes erinnert sich: „Wer früher etwas Kritisches über die Kohle sagte, galt als Vaterlandsverräter. Die Zechenbarone betrachteten die Stadt als ihr Eigentum und bissen mit der Hilfe gehorsamer Stadträte ansiedlungswillige Unternehmen weg. Groß ist heute das Bedauern in Herten, dass deshalb Ford sein geplantes Werk nicht in Herten, sondern in Antwerpen gebaut hat.“ Am Tresen im Berggeist kommentierte das 1997 einer der grimmigen Rentner: „Wir werden ne Geisterstadt, so wie die alten Goldgräberstädte in den USA.“ [41] 20 Jahre später: Die ehemalige Siedlung gegenüber der ehemaligen Kneipe gibt es so nicht mehr. Haus für Haus ist privatisiert worden, auch weiße Farbe und edleres Bier haben Michael Jahn keine neuen Gäste gebracht. Erwin Rock, der gleich nebenan ein Immobilienbüro betreibt, kennt diese Siedlung, diesen Stadtteil Langenbochum und Herten insgesamt seit Kinderzeiten: „Schön war es hier, aber jetzt fällt eine ganze Stadt ins Bergfreie.“

Die Wohnprojekte der IBA

1987, nach dem Besuch der Internationalen Bauausstellung in Berlin, überlegten Zöpel und Ganser, ob nicht eine solche IBA der Emscherregion im nördlichen Ruhrgebiet entscheidende Impulse für den Strukturwandel geben könne. Es entstand ein erstes Manuskript (36 Seiten). In einem Interview erinnerte sich Karl Ganser an den Satz von Christoph Zöpel: „Geh da mal hin und zeig ihm (Rau) das.“ Von Industriekultur z.B. war in dem Manuskript übrigens noch gar nicht die Rede, es ging um den Wiederaufbau von Landschaft, um Landschaft insgesamt. Ganser erinnerte sich, dass Zöpel rund ein Jahr nach seinem Besuch bei Rau ihn mit der Nachricht überrascht habe: „Ich habe ihn (Rau) noch einmal darauf angesprochen. Er sagt, wenn Ihr glaubt, Ihr müsst das machen, dann macht das.“[42] Johannes Rau hat aus seiner Skepsis gegenüber solchen Projekten nie einen Hehl gemacht, er hatte einen eher pragmatischen Blick auf das Ruhrgebiet und seine Kolonien: „Es gibt doch nicht erst Kultur im Ruhrgebiet, seit Fabriken und Zechen zu Museen oder zu Theater- und Konzerthallen geworden sind und seit Intellektuelle den „Charme“ von Bergarbeitersiedlungen entdeckt haben, den es übrigens in der historischen Realität so nie gegeben hat.“[43]

Im Rahmen der IBA Escher Park spielte der Wohnungsbau in mehr als 20 Projekten eine zentrale Rolle für die Stadtentwicklung. [44] Bei der Reaktivierung von Brachen, für städtebauliche und architektonische Impulse auf den Bauplätzen und bei der Entwicklung citynaher Wohn- und Gewerbeparks. Insgesamt wurden in den Projekten rd. 2.500 neue Wohnungen errichtet und weitere rd. 3.000 Altbauwohnungen denkmalgerecht erneuert. Die öffentliche Investitionssumme für den Bereich Wohnen addierte sich in den zehn IBA-Jahren von 1989 bis 1999 auf rd. eine Milliarde DM mit einem Anteil von rd. 75 v.H. öffentlicher geförderter Wohnungen bei den Neubauten. Ob Neubau oder Sanierung: Allen Projekten war ein Ziel gemein: Die Qualität eines gebrauchswertorientierten und ökologischen Wohnungsbaus sollte mit sozialer und städtebaulicher Qualität gekoppelt werden.

Auch die Schüngelbergsiedlung in Gelsenkirchen-Buer gehörte in den 1970er Jahren zu den Siedlungen, die in Gelsenkirchen auf der Abrissliste standen, auch in dieser Siedlung konnten Bürgerproteste das zwar verhindern, aber den Zustand der Siedlung hat das zunächst einmal nicht verbessert. Das Problem der zwischen der 1897 und 1919 vom Zechenbaumeister Wilhelm Johow gebauten Kolonie: Sie war wegen des Erstens Weltkrieges erstens eine unvollendete und zweitens war ihre Lage im Dreieck Zeche Hugo, Zechenbahn und RungenbergHalde alles andere als zukunftsträchtig, obschon die aufwändige Grundarchitektur von Johow, nämlich eine Siedlung im Stil einer Gartenstadt mit zweigeschossigen Häusern, vielen Erkern und Mansardendächern trotz versäumter Instandhaltung mehr verdient hatte als die Idee, die Siedlung als Schüttfläche für eine Haldenerweiterung zu verplanen.[45]

1981 erwarb die THS (Treuhandstelle für Bergmannswohnstätten) die Siedlung Schüngelberg und brachte sie gleich nach dem IBA-Start als eines der ersten Projekte ein. Die gemeinsam mit der IBA entwickelte Idee war die Suche nach der Antwort auf die Frage, ob es möglich sei, den ursprünglichen Siedlungsgrundriss fertig zu bauen.[46] Die Aufgabe: „Fertigbau“ der Siedlung, denkmalgerechte Sanierung des Altbestandes, Einbeziehung der noch in Schüttung befindlichen Bergehalden für siedlungsergänzende Freiflächen sowie die Renaturierung eines Baches, der als Schmutzwasserkanal der Zechen zur Emscher führte.

Den Zuschlag in einem internationalen Wettbewerb erhielt der Schweizer Architekt Rolf Keller. Er hielt sich nicht an den ursprünglichen Siedlungsgrundriss und wählte für die bauliche Ergänzung mit rund 200 Häusern bzw. Wohnungen nicht eine dem Altbestand sich anbiedernde Architektur, sondern setzte sich bewusst davon ab. Für Besucher der alt-neuen Siedlung – und die gibt es reichlich – eine spannende Auseinandersetzung völlig unterschiedlicher Ansätze, aber noch mehr für die Bewohner. Warum auch Immer: Irgendwie hat es sich nach der Erweiterung der Siedlung so ergeben, dass der alte mehr deutsch und der neue Teil der Siedlung mehr türkisch bewohnt ist. Kindertagesstätte, Läden und Begegnungsräume sind Neubauten.

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Die Schüngelbergsiedlung mit der Rungenberg-Halde. / Luftbild: Hans Blossey

Die noch von Rolf Keller entworfene Gestaltung der Rungenberg-Halde hat sein Sohn Christian vollendet. Die Hauptstraße des neuen Siedlungsteils setzt sich als Treppe bis auf den geteilten und mit Scheinwerfern bestückten Haldengipfel fort. Als seien diese Scheinwerfer Magneten, ziehen sie alle noch halbwegs rüstigen Besucher der Siedlung die Treppe hoch auf die rd. 60 Meter hohe Halde. Um von dort oben aus was zu sehen? Viele andere Haldengipfel und viel Ruhrgebiet – einer der gefährlichen Plätze im Revier, weil verführerisch: „Mein Gott, ist das schön hier und ich hätte nie gedacht, dass das Ruhrgebiet so grün ist.“ Läge da oben ein Gästebuch, man könnte es sicher so oder so ähnlich tausendfach lesen.

Und wie beurteilen alteingesessene Schüngelberger das Ergebnis? Zeitzeuge ist Siegfried Kessel (62). Der ehemalige Bergmann war drei Jahre alt, als seine Eltern von Brandenburg ins Ruhrgebiet kamen – in die Schüngelbergsiedlung. Dort ist die Familie mit ihren sieben Kindern später ein paar Mal umgezogen. Als Kessel heiratete, nahm er Abschied vom Schüngelberg. Aber nicht lange. „Ich wollte wieder zurück. Hier fühle ich mich am wohlsten.“

Mit einem Reporter der SZ machte Kessel 2016 einen Spaziergang durch die Siedlung. Erinnerte sich an die erste Fluppe hinter einem immer noch stehenden Schuppen, ans Kinderzimmer da oben hinter dem Fenster, das er sich mit vier Geschwistern geteilt hat. Und nachdem der Reporter die Architektur von Keller als Hommage an die Wohnkultur der Bergleute gefeiert hat, diese Architektur mit kleinen Fenstern im Obergeschoss, damit der Bergmann nach der Nachtschicht auch gut schlafen kann, setzte Siegfried Kessel schmunzelnde seinen Punkt: „So ein Unsinn. Wer unter Tage arbeitet, sehnt sich doch geradezu nach Licht.“[47]

Hier flattern nur noch Schalke-Fahnen

„Beim Taumvatter“ heißt eine Führung, die der Dorstener Bergbauverein in der Kolonie Fürst Leopold anbietet. Beim Besuch auffem Schlach von Harald Kühn (85) und beim Plausch am Gaatentoor von Jürgen Bülten (77) skizzieren wenige Zahlen, wie sich mit dem Lebensgefühl der Alltag in der jetzt ehemaligen Kolonie verändert hat. 1953 hatte Dorsten 29 Brieftaubenvereine mit 460 Mitgliedern, heute sind es noch zwölf mit gerade einmal knapp 80 Züchtern. „Das einzige, was  hier noch flattert“, soB ülten, „sind Schalke-Fahnen.“ Bis zu 60 Tauben hatte er früher: „Im Herbst wurden welche geköppt und dann wurde wieder nachgezogen.“ Und an Wettkampftagen „flatterte der Himmel über der Burgsdorffstraße“. Waren die Tauben zurück, machte sich der Züchter mit der Taubenuhr auf zum Einsatzlokal von „Stolz voran“ – drei Vitrinen mit Pokalen, Medaillen, Souvenirs und Porzellantauben hütet Bülten heute. „Früher hatte ich auf Sichtweite zehn Züchter, heute gibt’s hier keinen mehr.“

Harald Kühn hat erst in diesem Jahr seinen Schlag geschlossen. Bis ins Frühjahr 2018 hat er  immer noch Tauben geschickt und auch immer noch Preise gewonnen, aber dann kam erst die Kurzatmigkeit und schließlich die Diagnose „Taubenlunge“. Der Rentner freut sich, dass einer der Söhne die Liebe zum Taubensport geerbt hat, aber er hat Erklärungen, dass dieses Hobby kaum noch eine Zukunft hat: Tauben wollen 365 Tage im Jahr versorgt sein, da gibt es oft Ärger mit den Nachbarn und wo im Neubau soll denn der Schlag eingerichtet werden?

Seine schönsten Porzellantauben hat Bülten dem Bergbauverein als Leihgabe für die Dauerausstellung Leopold-Regal in der Maschinenhalle zur Verfügung gestellt. Da hocken sie im Fach acht neben einem Goldpokal, den sich Kühn 1997 bei der Brieftauben-Messe in der Westfalenhalle abholen durfte. Ein Geschenk des Verbandes zum 100jährigen Bestehen von „Blitz 1897“, dem ersten Dorstener Brieftaubenverein. 2005 hat Harald Kühn als letzter Vorsitzender des Vereins die Auflösung vollzogen.

NRW hat den Taubensport wegen seiner Bedeutung für das Ruhrgebiet als Vorschlag „Immaterielles Weltkulturerbe“ für die Liste der UNESCO auf den Weg gebracht. Zur großen Freude des Verbandes der deutschen Brieftaubenzüchter und zum großen Ärger des deutschen Tierschutzverbandes. Schon auf nationaler Ebene kam im Dezember das Aus – begründet mit den Argumenten der Tierschützer. Und genau deshalb will der Brieftaubenverband einen zweiten Anlauf starten.

Die jüngste Siedlung – eine Neue Stadt für eine neue Großzeche

1955 entschloss sich die Mathias Stinnes AG, die Anfang der 1940er Jahre vertagten Pläne für eine Großzeche in Wulfen zu realisieren. [48] Der Hintergrund: Berechnungen für den künftigen Energieverbrauch prophezeiten für die Montan-Union eine Verdoppelung des Strombedarfs bis 1975, also auch die Notwendigkeit statt 278 dann 362 Millionen Steinkohle zu fördern. Und den größten Teil des zu erwartenden Fehlbedarfs sollte mit rd. 55 Millionen Tonnen Mehrförderung das Ruhrgebiet abdecken. 55 Millionen Tonnen – das entspricht übrigens etwa der Menge, die Deutschland aktuell zur Versorgung der Kraftwerke importiert.

Eine Großzeche mit einer Belegschaft von 5.000 und mehr Mitarbeitern, dazu brauchte es eine Siedlung, die aber in diesem Fall nie so genannt wurde, sondern als Neue Stadt Wulfen erst diskutiert, dann geplant und schließlich östlich von Wulfen mit Barkenberg als Stadtteilname gebaut wurde. Ausgewiesen war eine Siedlungsfläche von 158 Hektar, groß genug für den Bau von rd. 10.000 Wohnungseinheiten, also 30.000 bis 40.000 Einwohner – mit den ebenfalls eingeplanten Erweiterungsflächen war sogar eine „Neue Stadt Wulfen“ mit über 50.000 Einwohnern angedacht. 1960 erfolgte die Gründung der Entwicklungsgesellschaft Wulfen mbH, an der die Mathias Stinnes AG mit 50 v.H. beteiligt war. Den Städtebauwettbewerb gewann Prof. Fritz Eggeling, nach dessen Tod (1966) setzte die Planungsgruppe Grosche-Börner-Stumpfl seine Arbeit fort.

Neue Stadt Wulfen. / Luftbild: Hans Blossey

Tatsächlich bezogen schon im Juli 1968 die ersten Mieter Wohnungen in der Neuen Stadt. Mitte 1968 – also im Jahr der Gründung der Ruhrkohle. Längst hatte man sich von den kühnen Prognosen für den künftigen Kohlebedarf verabschiedet und die Zeche Wulfen, die ab 1964 förderte, hatte in ihrem besten Jahr mit 450 Belegschaftsmitgliedern gerade einmal zehn Prozent der geplanten Größe.  Auf eine Jahresförderung von 413.000 Tonnen kam die Zeche Wulfen 1974 in ihrem besten Jahr – die Erwartung von rd. 12.000 Tagestonnen verwertbarer Förderung war die Grundlage für den Bau der Zeche und der Neuen Stadt Wulfen.

Hätte man nicht noch Anfang der 1960er Jahre den Bau von Zeche und „Siedlung“ stoppen können und müssen? Der Architekt Peter Broich, bis 1967 im Büro Eggeling und ab 1967 Prokurist bei der Entwicklungsgesellschaft Wulfen, erinnert sich an solche Diskussionen, die aber mit einem doppelten Nein beendet wurden. Statt dessen schon in den 1970er Jahren eine gründliche Überplanung der Neuen Stadt Wulfen mit einer Reduzierung auf erst 30.000 und später sogar 18.000 Einwohner – mehr als rd. 11.500 sind es nie geworden.

Angesichts der Entwicklung der Wulfener Zeche widerspricht Peter Broich vehement der Definition der Neuen Stadt Wulfen als Zechensiedlung. Der Stadtteil Barkenberg, mit Wulfen gegen großen Protest vor Ort 1975 nach Dorsten eingemeindet, ist ein ehrgeiziger städtebaulicher Großversuch geblieben. Projekte wie Finnstadt, Habiflex und Metastadt oder auch die Verkehrs- und Grünkonzepte sorgten für internationale Schlagzeilen.

National und gar vor Ort fielen die längst nicht immer positiv aus. Der von Stinnes durchgesetzte Grundsatz „geheizt wird nur elektrisch“ (mit Strom aus Steinkohle-Kraftwerken) ist Vergangenheit. Die Metastadt wurde 1987 Opfer ihrer Baumängel, Habiflex, ein Wohnturm mit variablen Grundrissen ist so etwas wie eine leerstehende Tropfsteinhöhle. Und war doch nach dem Bau als Perspektive für das Wohnen von Morgen so gelobt worden: [49] „Habiflex” (Entwurf von Gottlob und Klement) ein anderes Wohngefühl. Die Technik ist rauh und primitiv: Betonfertigteile alter Machart, aber so gefügt, dass sich ein weiter, offener Treppenhof entfaltet, ein Atrium, von dem aus über kurze Laubengänge und breite Vorplätze 40 Wohnungen luftig erschlossen werden: Hier kann auch draußen gewohnt werden. Keine ängstliche Abkapselung, sondern freizügige Durchblicke wie in den liebenswürdigen Vororten holländischer Städte.“

Die Bezirksregierung in Münster machte sogar den Vorschlag, Habiflex unter Denkmalschutz zu stellen. Allerdings nicht nach Fertigstellung des Baus Mitte der 1970er Jahre, sondern Anfang der 2000er Jahre – da war das Projekt zugemauert, weil nicht mehr bewohnbar. Und für den Vorschlag aus Münster gab es keine politische Mehrheit.

Die Neue Stadt Wulfen heute: Rund 8.500 Einwohner haben gesehen, wie mit Mitteln aus dem Programm Stadtumbau West Wohnblocks halbiert oder auch ganz abgerissen wurden, wie vierspurige Straßen auf zwei Spuren zurückgebaut wurden, dass Fußgängerbrücken wegen massiver Schäden weichen mussten. Aber sie leben noch immer in einem Stadtteil, dessen gesamter Straßenverkehr ohne Staus und Ampel funktioniert.

Und die Zukunft der Kolonie?

Die Zahl der Siedlungen mit geschlossenem Erscheinungsbild wird weiter schrumpfen. Wenn die öffentliche Bindung ausläuft, steht die Privatisierung oben auf der Agenda – die Zahl der Engelbertstraßen ist dann wohl beliebig vermehrbar.

Hat es die IBA versäumt, sich auf der administrativen Seite mit ihrem Erbe zu beschäftigen? „Ja, eindeutig“, so die Erinnerung von Karl Ganser. Und: „Das hing auch mit meiner persönlichen Situation zusammen. Ich wollte da weg und hatte einfach Angst, wenn jetzt institutionell weitergedacht wird, dass ich weitermachen muss. Ich wollte einfach weg.“[50]

Auch auf regionaler Ebene gab es in einem kleinen Zeitfenster 1994 die Chance, die IBA in welcher Form auch immer zu verstetigen. Jürgen Gramke, von 1978 bis 1994 Verwaltungsdirektor im Kommunalverband Ruhrgebiet (KVR), wechselte damals als Wirtschaftsminister in die von der PDS geduldete rot-grüne Minderheitsregierung von Reinhard Höppner (SPD) nach Sachsen-Anhalt. (Nach nur drei Monaten trat er u.a. wegen der dauernden Probleme mit der PDS zurück.) Was wäre, wenn Christoph Zöpel oder Karl Ganser an die Spitze des KVR wechseln würde? In den Kulissen der Regionalpolitik wurde heftig diskutiert, aber beide winkten ab. Zöpel an der Leine provinzieller Kommunalpolitik? Unvorstellbar. Und Ganser erklärte sein Nein später so: „Ich wollte nicht, weil ich fürchtete, die Freiheiten, die wir bei der IBA hatten, zu verlieren, und dass die Bindung an ein Verbandsparlament zu Lasten der Kreativität und der Qualität der Projekte gehen musste.“[51] Ganser ging und der KVR blieb, was er war, nämlich ein öffentlich kaum wahrgenommenes Regionalparlament als Aufsicht eines Verbandes, dessen Zuständigkeiten immer dann schnell an ihre Grenzen stoßen, wenn es an die Interessen der Kommunen und Kreise geht, zumal die der großen Kommunen wie Essen im Westen und Dortmund im Osten an der alles beherrschenden Ruhrschiene.

Vor diesem Hintergrund war es wichtig, dass sich 20 Kommunen des Ruhrgebiets mit 44 Quartieren und 72 Siedlungen 2014 unter Federführung der Stadt Hamm auf den Weg machten, sich mit besonderem Blick auf die Siedlungen regional und kooperativ zu den Herausforderungen, Chancen und Perspektiven auszutauschen. Das NRW-Städtebauministerium, die großen Wohnungsgesellschaften und der LWL-Denkmalschutz kamen mit an den Tisch. Für alle Siedlungen wurden lokale Handlungsempfehlungen erarbeitet – natürlich nicht verbindlich und leider auch bis heute von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen nicht öffentlich diskutiert oder gar auf der Tagesordnung der aktuellen Politik.[52]

Dieser interkommunale Arbeitskreis will seine Arbeit – künftig unter Federführung der Stadt Moers – in naher Zukunft fortsetzen. Leider so unverbindlich wie sein Vorgänger.

Kohle und Stahl, wenn man so will die Eltern des Siedlungsbaus im Ruhrgebiet, sind für die Zukunft dieser Region bedeutungslos. Arbeitgeber, die im großen Stil Siedlungen für ihre Belegschaften bauen, sind Vergangenheit. Und so wächst auch im Ruhrgebiet, dass sich, zumal in den Universitätsstädten wie Essen, Bochum und Dortmund seit sechs Jahren wieder über eine positive Entwicklung der Einwohnerzahlen freuen darf, die Wohnungsnot. Mietwohnungen im Segment sozialer Wohnungsbau stehen für nicht einmal ein Drittel der betroffenen Haushalte zur Verfügung. Es sind, so die Erklärung, zu viele Sozialwohnungen vom Markt verschwunden. Der massenhafte Abriss von Siedlungen in den 60er Jahren sowie die radikale Privatisierungen von landeseigenen und städtischen Wohnungsbaugesellschaften wirken lange nach.

Quellenverzeichnis

[1] Hans Dieter Baroth, Das Gras wuchs ja umsonst, Köln 1983, 87 f.

[2] Ebd.

[3] Baroth, 60 f.

[4] Franz-Josef Brüggemeier, Leben vor Ort. Ruhrbergleute und Ruhrbergbau 1889-1919, München 1983, 58ff.

[5] Baroth, 118

[6] Ruhrlandmuseum (Hg.), Vom Hausen zum Wohnen. Wohnungsbau für Arbeiter zu Zeit der Industrialisierung: Essen, ein Beispiel, Essen 1988, 61

[7] Christoph Kleßmann, „Die polnische Parallelgesellschaft“, DIE ZEIT, Nr. 50/2010

[8] Ruhrlandmuseum, 61

[9] Dorstener Zeitung, 15. August 1933

[10] Bergwerk Fürst Leopold/Wulfen 1913-1993, 80 Jahre Steinkohlebergbau in Dorsten, S. 36, Selbstverlag

[11] Franz-Josef Brüggemeier, Leben vor Ort. Ruhrbergleute und Ruhrbergbau 1889-1919, München 1983, 66

[12] Bergwerk Fürst Leopold / Wulfen (Hrsg.), H.-J. Krüger, H. Coen, H.-J. Wilkin, Bergwerk Fürst Leopold / Wulfen 1913–1993. 80 Jahre Steinkohlenbergbau in Dorsten. Dorsten 1938, 38.

[13] Christoph Kleßmann, Kaiser Wilhelms Gastarbeiter. Polen als Bergleute im Ruhrgebiet; in: Lutz Niethammer/Bodo Hombach/Tilman Fichter/Ulrich Borsdorf (Hg), „Die Menschen machen ihre Geschichte nicht aus freien Stücken, aber Sie machen sie selbst“  Einladung zu einer Geschichte des Volkes, Bonn 1988, 105

[14] Hochlarmarker Lesebuch. Kohle war nicht alles. 100 Jahre Ruhrgebietsgeschichte, Oberhausen 1981, 97

[15] Uwe Rennspieß, Jenseits der Bahn. Geschichte der Ahlener Bergarbeiterkolonie und der Zeche Westfalen, Essen 1989, 111

[16] Roland Günter, Im Tal der Könige. Ein Handbuch für Reisen zu Emscher, Rhein und Ruhr, 4. Auflage Essen 1999, 79

[17] Rennspieß, 116

[18] Wilhelm Herbert Koch, Kumpel Anton sein Schönstes, Düsseldorf 2006, 56f.

[19] Brüggemeier, 65

[20] Baroth 119

[21] Hochlarmarker Lesebuch, 236

[22] Rennspieß, 119

[23] Hans Dieter Baroth, Aber es waren schöne Zeiten, Köln 1978, 134

[24] Werner Plumpe, Das Ende der Koloniezeit; in: Jan-Pieter Barbian/Ludger Heid (Hg.), Die Entdeckung des Ruhrgebiets. Das Ruhrgebiet in Nordrhein-Westfalen 1946 – 1996, Essen 1997, 160

[25] Bergwerk Fürst Leopold / Wulfen, 128

[26] Ebd.

[27] Satzung über örtliche Bauvorschriften für die Zechensiedlung in Dorsten-Hervest vom 4.3. 1986

[28] Satzung zur Unterschutzstellung des Denkmalbereiches „Zechensiedlung Hervest“ vom 27.2. 1987

[29] Achim Nöllenheidt, RuhrKompakt 2011. Handbuch Ruhrgebiet, Essen 2011, 390

[30] Interkommunales Handlungskonzept, Dorsten Hervest, Zechensiedlung Fürst Leopold, Nr. 16. S. 6

[31] 2.000 Euro für Hervester Garten – NRW-Sonderpreis, Dorstener Zeitung, 19. Februar 2016, S. DNL01

[32] Interkommunales Handlungskonzept, Dorsten Hervest, Zechensiedlung Fürst Leopold, Nr. 16. S. 15

[33] „Die Kolonie verliert ihr Gesicht“, Dorstener Zeitung, 13. Juli 2018, S. 21

[34] Roland Günter, Epilog. Siedlungstradition und Wohnkultur. Eine Struktur-Geschichte des Wohnens in „Blitz-Lichtern”; in: Christa Reicher ; Thorsten Schauz (Hrsg.),Die Wohnprojekte 10 Jahre danach. Internationale Bauausstellung Emscher Park, Essen 2010,  28.

[35] Kerstin Dopatka, Tief im Westen. Reise-Lesebuch Ruhrgebiet, Essen 2006,115.

[36] Manfred Sack, Siebzig Kilometer Hoffnung. Die IBA Emscher Park, Stuttgart 1999, 224.

[37] Günter, Tal der Könige, 466

[38] Günter,. 30.

[39] Nöllenheidt, 397.

[40] Ebd.

[41] Roland Kirbach, Nicht reich und nicht schön, DIE ZEIT Nr. 52/1997

[42] Visionen für das Ruhrgebiet : IBA Emscher Park: Konzepte, Projekte, Dokumentation / hrsg. von der Stiftung Bibliothek des Ruhrgebies. Beabr. von Thomas Urban, Essen 2006,  84.

[43] Bodo Hombach (Hg.),Lust auf Zukunft : Reden / Johannes Rau, Essen 2006, 165.

[44] Visionen für das Ruhrgebiet,  36.

[45] Nöllenheidt, 396 f.

[46] Carl Heinz Cox, Die IBA Emscher Park und die Strategien der Wohnungswirtschaft; in: Reicher/Schautz, 56.

[47] Kohle verbindet, Stefan Weber, Süddeutsche Zeitung, 8.12. 2016

[48] Bergwerk Fürst Leopold/Wulfen 1913-1993, 80 Jahre Steinkohlebergbau in Dorsten, S. 101, Selbstverlag

[49] Verschiebbare Wände, Peter M. Bode, Der Spiegel Nr. 29, 1975

[50] Visionen für das Ruhrgebiet,  90.

[51 Visionen für das Ruhrgebiet, IBA Emscher Park: Konzepte, Projekte, Dokumentation, S. 87, Klartext-Ver. 2008

[52] Interkommunales Handlungskonzept, Siedlungskultur in Quartieren des Ruhrgebiets, S. 7

Ein Text für das Buchprojekt ZeitRäume Ruhr

 Verlagsankündigung:

Zeit-Räume Ruhr

Erinnerungsorte des Ruhrgebiets

Das Buch lädt ein zur Spurensuche in den Erinnerungen des Ruhrgebiets und bildet die unterschiedlichen Schichten des historischen Wandels der Region ab. In den Kapiteln „Landschaft und Stadt“, „Kultur und Freizeit“, „Menschen und Typen“, „Industrie und Arbeit“ sowie „Krisen und Konflikte“ werden die Konturen einer Erinnerungslandschaft Ruhrgebiet deutlich.

Mehr als 45 Beiträge renommierter Autorinnen und Autoren reflektieren die wechselseitigen Einflüsse und Bezüge der Faktoren und Momente, die den Wandel der Region prägen und das Ruhrgebiet mit einer neuen Identität versehen. Neben montan-industriellen Klassikern wie Zechen, Hütten und Stahl bietet der Band auch eine Fülle einschlägiger immaterieller Erinnerungsorte wie etwa Streik, Migration oder Ruhrdeutsch. Selbstverständlich sind auch fest in die Erinnerungen der Metropole Ruhr eingeschriebene kulturelle Phänomene wie der Fußball, die Bude, die Currywurst oder der Döner mit dabei.

 Damit macht der Band ein Angebot zur Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Region. Die Erinnerungsgeschichte des Ruhrgebiets lebt von der Vielfalt und vom Streit über den Wert von Erinnerungen. Eine solche Auseinandersetzung belebt die Erinnerungslandschaft und verhindert, dass sie verblasst oder im Konsens verstaubt. Der Band soll daher nicht zuletzt auch die Diskussion um die Region Ruhrgebiet anregen.

Veröffentlicht: 01.06.2019

Seitenzahl: 944

Produkt: Festeinband

Illustration: zahlr. farb. Abb.

Verlag: Klartext

ISBN: 978-3-8375-1928-0Zeit-Räume Ruhr
Preis: 39,95 €